Alltag

Beschneidung in Afrika – lebenslange Behinderung für die Frauen

Heute bewege ich mich auf der thematischen Grenze. Nicht behindert geboren – sondern behindert worden, ist heute mein Inhalt. Die Beschneidung von jungen Frauen/Mädchen in Afrika ist immer ein sehr populäres, viel zerrissenes Thema.

In vielen afrikanischen Ländern ist es nach wie vor Sitte, junge Mädchen zu beschneiden. Das heißt, dass die weiblichen Geschlechtsorgane auf extrem schmerzhatfte Weise verstümmelt und beschnitten werden. Oft enden diese ,,Eingriffe“ tödlich – auf jeden Fall haben alle Frauen eine lebenslange ,,Behinderung“, immer Probleme beim ,,Wasser lassen“ und mit dem Geschlechtsverkehr. Auch die Geburt stellt für viele eine sehr viel größere Herausforderung dar, als für andere Frauen.

In den letzten Jahren – wenn nicht gar zu sagen, letzten Jahrzehnten – ist dieses Thema immer mehr in den breiten Aufmerksamkeitsgrad gerückt. Die Frauen wehren sich, schreiben Bücher über diese sensiblen Geschichten und gründen Organisationen, die Aufklärungsarbeit im Heimatland betreiben und Präventionsarbeit in Deutschland. Es ist eine rabiate, extrem gewalttätige Tradition, die aus fadenscheinigen, religiösen Gründen ,,zelebriert“ wird.
Doch im Grunde genommen ist es eine reine Machtdemonstration der afrikanischen Männerdomäne, die Beweise für die Jungfräulichkeit ihrer angeheirateten, oftmals viel zu jungen, Frauen erwarten, die noch immer in der Annahme leben, dass Frauen nichts weiter als pure Haushaltsobjekte sind.

Auch in Deutschland leben viele ausländische Familien, die ihre Kinder regelmäßig nach Afrika schleppen, sie beschneiden lassen, um sie dann wieder nach Deutschland zu holen. So tun, als wäre nichts geschehen, über das Erlebte schweigen und lebenslange Narben davon tragen – nicht nur körperliche. Das ist das Vermächtnis dieser Mädchen, die nichts auf dieser Welt vekehrt gemacht haben und doch so hart und unerbittlich bestraft werden.

Zum Thema Barrierefreiheit passt das insofern gut, dass Beschneidung ebenfalls ein Thema ist, dass sich nur zäh vom Alltagsbrei der Nachrichten lösen kann, ein ausgeschlachtetes Thema, welches sich langsam auch nicht mehr so gut verkaufen lässt. Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit, das ,,Danach“, der lange Arm zum Durchhalten. Die Veränderung ist nur dann eine stetige und permanente, wenn man sie durchhält. Dazu passend habe ich hier einen Artikel gefunden, der den Spieß mal umdreht. Was ist mit der Melodramatik?

Da geht es nämlich um eine typisch deutsche Familie, deren Wurzeln rein zufällig eben in Äthiopien liegen. In den Sommerferien sollen die dort lebenden Großeltern besucht werden – und plötzlich steht die Familie im Rampenlicht und das Jugendamt vor der Tür. Der Verdacht liegt vor, dass sie vorhaben, die junge Tochter beschneiden lassen zu wollen. Haben sie nicht. Aber ihnen wird trotzdem zeitweise das Sorgerecht abgesprochen, weil man nichts beweisen kann. Weder das angebliche Motiv, noch das harmonische Familienleben.

Was sagt man dazu? Ein bisschen übertrieben? Läuft das nicht oft so, egal, in welchen Bereich der Barrierefreiheit man blickt? Dass man junge Frauen auf diese grausame Weise lebenslang behindert, muss verhindert werden, sehe ich auch ganz klar so. Andererseits muss man auch wissen, ,,wann jetzt mal gut ist“.

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