Liebe unter behinderten Menschen muss sich besonders großen Herausforderungen wie der Pflege des anderen stellen
Ich schreibe ja öfter über das Thema ,,Beziehung unter behinderten Menschen“, aber bisweilen gehe ich mit dieser sensiblen Thematik recht plump und seicht um. Meine Inhalte plätschern auf der Oberfläche einer geistigen Pfütze. Doch heute bin ich über einen Menschen gestolpert, der die Sache einfach mal auf den Punkt gebracht hat.
Ich bin ja eine verklärte, naive Verfechterin der These: ,,Liebe schafft jedes Hindernis!“ Ich könnte so einige romantische Botschaften vom Stapel lassen und wichtigtuerische Weisheiten von mir geben. Tatsächlich aber habe ich eigentlich gar keine Ahnung von diesem Metier.
Und es ist immer sehr einfach, Liebenden und Suchenden den Rat an den Kopf zu schmeißen, dass Liebe alleine reicht. Und dass ,,gut Ding Weile haben will.“
So einfach ist es leider nicht. So möchte ich einfach mal aus einem anderen Blog zum selben Thema zitieren: ,,Ich lasse jetzt einen Dienst für meine tägliche Pflege kommen, damit meine Beziehung nicht so sehr belastet wird.“ Zuerst fühlte ich mich mit dieser Aussage ziemlich vor den Kopf gestoßen. Was genau meint er denn damit?
Aber die Erklärung dazu ist ziemlich plausibel – wenn gleich auch sehr ernüchternd.
Liebe ist ein flüchtiges Gefühl. Wenn behinderte Menschen sich ineinander verlieben – oder ein gesunder in einen behinderten – dann taucht oft die Frage nach der Pflege auf. Sind die ersten romantischen Schmetterlinge von dannen geflattert, muss man sich mitunter sehr unschönen Themen auseinander setzen. Kann man seinem Partner ,,zumuten“,dass er einem den Hintern abwischt? Einen Katheter legt? Möchte man das selbst überhaupt?
Intimität und Vertrautheit hat auch Grenzen, zumindest sollte sie das oft auch.
Natürlich fühlt man sich als Partner irgendwie seinem Freund/Freundin verpflichtet und verantwortlich. Man denkt oft auch, dass man den anderen gerne pflegt, man möchte ja füreinander da sein. Aber der gepflegte Mensch möchte das vielleicht gar nicht, er möchte attraktiv bleiben, möchte sich schön finden können, auch durch den Blick des anderen. Man möchte sich füreinander etwas bewahren, denn die Liebe und Partnerschaft an sich ist ja etwas schönes, leichtes, sie sollte unterstützen – nicht belasten.
Mal davon abgesehen, dass viele Menschen es auch nicht aushalten, den anderen auf lange Zeit hin zu pflegen. Es ist eine ernorme Belastung, besonders psychisch darf man das nicht unterschätzen. Viele können diese Thematiken einfach nicht trennen – die Zuneigung, die Lust, die Liebe wird vermengt mit der verpflichtenden Tätigkeit der Pflege, die eher ernüchternd ist.
Oft wird leider auch zu wenig eingegangen, man spricht nicht offen miteinander, weiß nicht, wie man miteinander umgehen soll. So werden viele Dinge, die sehr wichtig wären, einfach übergegangen, werden kaschiert. Bis sie letzendlich ihren Tribut fordern.
Okay, was würde ich nach solch bedeutungsschweren Gedanken also raten? Dass Liebe alleine nicht reicht? Doch, ich glaube schon, dass sie ,,reicht“ – wenn beide Parteien auch reif sind für die Herausforderung. Wenn sie ehrlich zu sich selbst sind, wissen, wo sie stehen, was sie brauchen und was sie verkraften. Wie weit kann ich gehen? Und dabei Hand auf´s Herz. Es hat absolut keinen Sinn, sich für den anderen zu ,,opfern“, denn dann opfert man eigentlich nicht sich, man opfert die Beziehung, die Liebe.